Als Leaky Gut-Syndrom bezeichnet man einen Darm, bei dem die natürliche Schutzbarriere nicht mehr intakt ist. Dadurch gelangen unverdaute Nahrungsbestandteile, Bakterien, Toxine und Stoffwechselprodukt durch die geschädigte und „löchrige“ Darmwand.
Infolgedessen entstehen Entzündungen, die mit unterschiedlichen Krankheitsbildern einhergehen können.

Worin unterscheidet sich ein gesunder Darm von einem kranken Darm

Bei einem gesunden Darm besteht ein dichter Zellververband innerhalb der Darmwand. Die einzelnen Zellen werden durch Schlussleisten (Tight junctions) miteinander verbunden. So bildet sich ein richtig fester Zellverband und Abbauprodukte der Nahrung, Bakterien etc. können das Darmlumen nicht unkontrolliert verlassen.

Sind diese Tight junctions nicht mehr komplett intakt, bekommt die Darmbarriere „Löcher“ und das Leaky Gut-Syndrom entsteht (siehe Grafik unten).

Das-Darm-eigene-Immunsystem

Das Darm-eigene Schutzsystem

Um zu verstehen, warum diese „Löcher“ im Darm problematisch sind und zu diversen Krankheitsbildern führen können, müssen wir nochmal etwas weiter ausholen.

Denn der Darm ist nicht nur der Ort, an dem die aufgenommene Nahrung in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und resorbiert wird, sondern hier ist auch ein Großteil des Immunsystems beheimatet.

Denn der Darm kommt allein wegen der Nahrungsaufnahme laufend in den Kontakt mit fremden Stoffen.
Nun steht der Darm quasi vor einem Problem. Denn einerseits muss er so durchlässig sein, damit Nährstoffe aus der Nahrung aufgenommen werden können aber andererseits muss er auch in der Lage sein potenziell gefährliche Stoffe zu erkennen und zu beseitigen. Zwei überaus wichtige Aufgaben!

Damit der Darm diese Schutzaufgaben adäquat ausführen kann, existieren verschiedene Schutzmechanismen.

Der erste Schutzmechanismus ist die Darmflora.

Die Darmflora – das Darm-Mikrobiom

Der gesamte Magen-Darm-Kanal ist mit kleinsten Mikroorganismen besiedelt. Wobei die allermeisten Bakterien und Co. im Dickdarm leben und dort die Schleimhaut besiedeln. Man nennt sie auch Darmflora.

Im Dickdarm leben beispielsweise ca. 300-400 verschiedene Bakterienstämme und insgesamt über 100 Milliarden Bakterien. Eine ganz schön große Menge, oder?

Die Darmflora übernimmt dabei wichtige Aufgaben im Dickdarm:

  • Spalten Nahrungsbestandteile, die im Dünndarm noch nicht ausreichend verarbeitet wurden
  • Bilden verschiedene B-Vitamine (z. B. Folsäure)
  • Bilden Vitamin K
  • Eliminieren schädliche Bakterien

Aber das Darm-Mikrobiom ist kein starres Gebilde, sondern vielmehr ein dynamisches Ökosystem und die Zusammensetzung der Bakterien hängt von vielen Faktoren ab (z. B. vom Hund selbst, von der Ernährung, von diversen Krankheiten wie Durchfälle etc.)

Das alles nimmt Einfluss auf die Bakterienarten. Ganz grob und vereinfacht dargestellt, unterscheidet man zwischen „guten“ und „schlechten“ Bakterien.
Während die „guten“ Bakterien genau die Aufgaben übernehmen, die oben festgehalten wurden, sind die „schlechten“ Bakterien eher Verursacher für Verdauungsprobleme wie Blähungen, Bauchschmerzen, schleimiger Kotabsatz oder Durchfälle und natürlich dem Leaky Gut Syndrome.

Man nennt diese Fehlbesiedlung auch Dysbiose.

Ursachen für die Dysbiose können sein:

  • häufige Durchfälle (chronische Durchfälle)
  • häufige Magen-Darm-Infekte (Parasiten wie Giadien oder Würmer, Bakterien, Viren)
  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • Stress
  • häufige Antibiotikagaben
  • häufige Wurmkuren
  • Fehler in der Ernährung (Fettstoffwechselstörungen, Zucker, Überangebot an Kohlenhydraten und Proteinen)
  • Übergewicht
  • Diabetes
  • exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI)
  • chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (IBD)

Deshalb lohnt sich bei Verdauungsproblemen immer ein Blick auf die Darmflora zu werfen!

Aber nun schauen wir uns noch die 2. Schutzmaßnahme des Darms an: das darmeigene Immunsystem.

Das Darm-eigene Immunsystem

Ca. 70-80 % aller Immunzellen sind im Darm beheimatet, genauer gesagt sitzen sie in der Submucosa, also unterhalb der Darmschleimhaut. Sie stellen damit die größte Ansammlung von Abwehrzellen im Körper dar.
Diese eigenen Immunsystem, das sogenannte darmassoziierte Immunsystem bezeichnet man auch als GALT. Die Abkürzung steht für gut-associated lymphoid tissue (darmassoziiertes lymphatisches Gewebe).
Ihre Aufgabe: unerwünschte Keime und körperfremde Stoffe zu bekämpfen!

Dies geschieht, indem verschiedene Abwehrzellen vermehrt produziert werden, um so die Eindringlinge zu bekämpfen. Zugleich muss das darmeigene Immunsystem aber zum Beispiel Nährstoffe und die Mikroorganismen der Darmflora tolerieren – es muss also unterscheiden können zwischen „gut“ und „schlecht“ – „harmlos“ und „gefährlich“.

Damit diese komplexe Aufgabe, also eine Toleranz gegenüber harmlosen „Freunden“ und hartes Vorgehen gegen „Feinde“ gut funktioniert, ist ein fein abgestimmtes Zusammenspiel aus verschiedenen Abwehrmechanismen notwendig. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei das Lymphsystem, das die Darmzotten im Dünndarm durchzieht.
In den sogenannten Peyer-Plaques (Lymphknoten im Darm), werden unter anderem spezialisierte Immunzellen des Darms gespeichert. Außerdem verbindet das Lymphsystem das GALT mit dem restlichen Immunsystem und leitet so Informationen über Krankheitserreger oder Fremdstoffe an alle Zellen des Immunsystems weiter.

Wie gut das darmeigene Immunsystem arbeitet, hängt also im starken Maße davon ab, wie intakt also gesund der Darm ist. Und auch das gesamte Immunsystem hängt stark von der Funktionalität des Darm-eigenen Immunsystems ab!

Wie entsteht ein „löchriger Darm“?

Hierfür kommen viele, verschiedene Ursachen in Betracht.
Die häufigsten sind wohl:

  • Stress
  • Umweltgifte
  • Ungleichgewicht innerhalb der Darmflora
  • chronische Darmkrankheiten, z. B. immer wiederkehrende Durchfälle

Welche Krankheiten kann ein „durchlässiger“ Darm verursachen?

Hier besteht grundsätzlich noch ein großer Forschungsbedarf. Aber aktuell geht man davon aus, dass folgende Krankheiten dadurch begünstigt werden können:

  • Allergien
  • chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (IBD – Inflammatory Bowel Disease)
  • Autoimmunerkrankungen

Symptome beim Leaky Gut-Syndrom

Am häufigsten sind chronische Magen-Darm-Beschwerden:

  • Durchfall
  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Reflux
  • chronische Magenschleimhautentzündungen

Diese Beschwerden werden in der Regel gar nicht oder nur für kurze Zeit besser. Häufig hat man als Hundebesitzer auch schon extrem viel ausbrobiert aber ein wirklicher Erfolg stellt sich leider nicht ein.

Wie wird ein Leaky Gut Syndrome diagnostiziert?

Leider gibt es derzeit keinen Test, der genau sagt, dass der Hund ein Leaky Gut Syndrome hat. Deshalb muss man eher detektivisch unterwegs sein und mehrere Diagnosemöglichkeiten miteinander kombinieren, um Krankheiten auszuschließen und dann eine Verdachtsdiagnose stellen zu können.

Als Erstes steht das ausführliche Erstgespräch an, um zu schauen, welche Probleme der Hund seit wann hat, wie diese sich äußern, was bereits probiert wurde etc.
Danach wird eine gründliche allgemeine Untersuchung des Hundes durchgeführt.

Als Nächstes ist eine ausführliche parasitologische Kotuntersuchung angebracht. Ob eine Dysbiose-Untersuchung mittels Kotuntersuchung erfolgen sollte (z. B. Dysbiose-Index), muss individuell besprochen werden.
Um stoffwechsel-betreffende Ur­sachen abzuklären, sollte auch ein umfangreiches Blutbild angefertigt werden.

Wichtig ist hierbei:

  • hämatologische Untersuchung (Anämie, Eosinophilie etc.)
  • blutchemische Untersuchung (Leber, Niere, Protein- und Elektrolytkonzentration)
  • weiterführende Blutuntersuchungen (Bestimmung von Cobalamin, Folsäure, Cortisol, TLI, cPLI)

Sofern Kot­ und Blutuntersuchungen kei­nen besonderen Befund ergeben, sollte im nächsten Schritt eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes erfolgen. Hierbei können strukturelle Veränderungen im Magen-Darm-Trakt gefunden werden. Eine Diagnosestellung ist jedoch allein anhand des Ultraschallbefundes nicht möglich.

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Und nun? Was kann ich beim Leaky Gut-Syndrom tun?

Leider ist die Behandlung ziemlich zeitaufwändig, da über die Zeit hinweg eine Ernährungsumstellung und viele Nahrungsergänzungen nötig sind.
Gerade viele Allergiker-Hunde leiden unter einem Leaky Gut-Syndrom (durchlässig gewordener Darm).

Präbiotika-und-Probiotika-beim-Hund-bei-Leaky-gut-Syndrom-nutzen

In den allermeisten Fällen sollte deshalb eine strenge Eliminationsdiät durchgeführt werden (Wie eine Eliminationsdiät durchgeführt wird, erfährst du in meinen Blogbeitrag „Wie du eine Ausschlussdiät durchführst).
Aber in jedem Fall sollte eine Ernährungsumstellung erfolgen.

Darüber hinaus richtet sich die Behandlung/ Ernährungsberatung auch nach den Befunden der Kot-und Blut-Analyse. Wurde beispielsweise ein massiver Clostridien-Befall (Clostridien Enterritis) festgestellt, kann es sinnvoll sein den Hund für einige Wochen komplett vegetarisch zu ernähren. Auch eine medikamentöse Therapie kann in Einzelfällen notwendig sein und muss mit der behandelnden Tierarztpraxis besprochen werden.

Bei einem Cobalaminmangel (Vitamin B12) sollte Cobalamin selbstverständlich ergänzt werden!

Essenzielle Fettsäuren: Hierbei spielen insbesondere die Omega-3-Fettsäuren eine äußerst wichtige Rolle, da diese Fettsäuren Entzündungsprozesse regulieren und einen hemmenden Einfluss auf sie haben. Da die mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht selbst vom Körper hergestellt werden können, müssen sie immer mit der Nahrung aufgenommen werden (Lachsöl, Algenöl, Krillöl aber auch Leinöl).
Mehr zu den essenziellen Fettsäuren, erfährst du in meinem Blogbeitrag über Öle in der Hundeernährung.

Darüber hinaus muss die Darmgesundheit verbessert werden. Insbesondere Präbiotika spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Bewährt haben sich Fasermischungen, die den unterschiedlichen Baktierenarten als „Nahrungsgrundlage“ dienen und damit wertvolle Stoffwechselprodukte bilden (z. B. Butyrat), welche widerum einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit nehmen.
Gute Erfahrungen habe ich zum Beispiel mit dem Vetbiom von Napfcheck* gemacht.

Zusätzlich können auch Probiotika, also lebende Mikroogranismen gegeben werden. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass diese qualitativ hochwertig sind- also ausreichend viele Mikroorganismen enthalten. Auch die eingesetzten Bakterienstämme variieren. Ich nutze z. B. gerne das Sivomixx.

In der Regel dauert es bis zu 6 Monate bis man wieder einen stabilen Zustand erreicht hat.

Auf was sollte ich im Hinblick auf die Ernährung bei Leaky Gut-Syndrom achten?

An erster Stelle steht ein hochverdauliches Futter! Denn hoch verdauliche Lebensmittel wie Muskelfleisch, Milchprodukte oder Ei werden bereits zum Großteil im Dünndarm vollständig verdaut und aufgenommen.

Leider ist die Verdaulichkeit der Inhaltsstoffe in einem Fertigfutter in der Regel nicht auf der Futterpackung angegeben. Und selbst eine ausführliche Zutatenliste gibt nur Hinweise auf die tatsächliche Vertraulichkeit.

Darüber hinaus sollten extrem hohe Proteingehalte und Kohlenhydratgehalte vermieden werden. Dies fördert eine eher einseitige Darmflora und außerdem werden bei einem Überangebot von Eiweißen und Kohlenhydraten, diese im Dickdarm weiterverarbeitet. Dies kann z. b. beim hohen Einweißanteil das Wachstum eiweißspaltender Bakterien im Dickdarm erhöhen, wie etwa Clostridien. Diese Bakterien gehören zwar auch zur normalen Darmflora des Hundes, aber haben auch als Krankheitserreger Bedeutung.

Es ist ein gutes Beispiel dafür, inwieweit man über die Nahrung Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms nehmen kann.

Darüber hinaus bilden die Bakterien beim Verstoffwechseln im Dickdarm Gase, die wir dann als Blähungen wahrnehmen.
Starke Blähungen können also ein Hinweis auf ein Ungleichgewicht der Darmflora sein!

Achte auf ausreichend Präbiotika, wie Ballaststoffe. Sie dienen als „Nahrungsquelle“ für die guten Bakterien, die daraus kurzzeitige Fettsäuren produzieren.
Somit verbessern sich die Lebensumstände für die „guten“ Bakterien und die „schlechteren“ Bakterien werden ganz von allein verdrängt.

Außerdem sollte auf das Normalgewicht des Hundes geachtet werden. Denn übergewichtige Hunde haben nachweislich eine weniger stabile Darmflora und sind deutlich anfälliger für Imbalancen.

Verrate mir doch mal, ob dein Hund auch unter einem Leaky Gut-Syndrom leidet? Und wenn ja, was euch geholfen hat!

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